Da ich meistens mit leichtem Handgepäck unterwegs bin, habe ich schon lange kein Gepäckschließfach an einem Bahnhof der Deutschen Bahn mehr benutzt. Und heute verdutzt festgestellt, dass sich da alles grundlegend gewandelt hat, jedenfalls im Kölner Hauptbahnhof: An die Stelle der zahlreichen Schließfächer ist da eine automatisierte Schließfachanlage getreten, die einem den Koffer abnimmt und irgendwo in den Eingeweiden des Bahnhofs versteckt.
Die Anlage besteht im wesentlichen aus der Möglichkeit, Geld einzuwerfen (dazu unten mehr), seinen Koffer einem Fach anzuvertrauen, mit dem es dann in die Tiefe fährt – und aus der vermittelten Hoffnung, dass später auch genau dieser Koffer wieder abgeliefert (im Bahndeutsch: “ausgelagert”) wird.
(Techniktagebuch, 16.10.2017)
An dieser Schliessfachanlage, die mich schon vor einigen Jahren vor Herausforderungen stellte, gibt es einen gewissen Verbesserungsbedarf. Denn man sollte dort statt seines eigenen Koffers einen anderen erhalten, mit dem ausgerüstet man das Leben eines anderen Menschen aufnehmen müsste. Gäbe man also seinen, sagen wir mal braunen Samsonite mit Adressanhänger auf, erhielte man statt dessen vielleicht einen blauen American Tourister, läse den Adressanhänger und bräche zum angegebenen Ort auf, um sich dort in ein Leben mit einer neuen Familie, anderen Freunden und Bekannten einzufinden.
Da die meisten von uns recht austauschbar sind, ist das wahrscheinlich gar nicht mal so schwierig. Kritisch kann es natürlich werden, wenn man sein Leben mit einer psychisch kranken oder gar kriminellen Person teilen oder das einer Person mit anderen sexuellen Neigungen oder anderem Geschlecht führen müsste.
Gegen Aufpreis lieferte das System dann aber auch einen Koffer mit einer frischen, neuen Identität für politische und religiöse Flüchtlinge, besserungswillige Politi…äh, Kriminelle und Ehemänner auf der Flucht.
Das alles klingt ein bisschen nach Philip K. Dick zwischen Dom, Deutz und Ring.