Oinos und der Tisch des Aeneas

Zwischen den Männern aus Ceuta, der alten Stadt am Meer, die an Pizza-Ofen und Gasherd arbeiten, diskutieren Gengis der Mongole und ich seine Religion. Er, der Enkel, den Dschingis-Khan verleugnen würde, hat dem animistischen Glauben seiner Ahnen abgeschworen und sich dem Dionysos geweiht.

Ich fragte mich, ob dieser Gott vielleicht irgendwann ein Mensch gewesen war, ganz am Anfang, tief in der Ackerkrume der Zivilisation, als die Grenzen zwischen diesen beiden Gruppen und den Tieren, Pflanzen und Orten noch nicht so genau gezogen waren. Dann hätte ihn, der vielleicht auf Kreta oder Zypern geboren wäre, nicht Hera mit Wahnsinn gestraft, sondern es wäre der ganz normale Wahnsinn gewesen, der allzu menschliche
Wahnsinn, der immer gerade um die Ecke auf uns lauert.

Geheilt durch eine Kombination aus heiligen Riten, Psychotherapie und steinzeitlichen Psychopharmaka könnte er sich dann daran gemacht haben, den Menschen das Heil zu bringen, das ihm selbst zuteil geworden war. In diesem Fall wäre er ein Vorläufer des Christus, des Buddha, des Guru Nanak gewesen, der anders als diese moderneren Erleuchter jedoch nicht die Askese, sondern die Exstase als Heilsweg gepredigt hätte.

Der lange Mongolensprössling störte sich wenig an meinen Gedanken. Die moderne Ausprägung dieser alten Religion ist recht tolerant, vielleicht auch weil sie den Oinos durch Haschisch und andere Substanzen ersetzt hat.

Dionysos

http://www.kika.de/sagenhaft-maerchen-aus-aller-welt/sendungen/sendung67880.html

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